…wenn Lämmer über Wölfe siegen…

(Johannes Chrysostomus) Wenn ihr auf diese Weise auszieht, so zeiget die Sanftmut von Lämmern, obgleich ihr im Begriffe steht, zu Wölfen zu gehen, ja nicht bloß zu Wölfen, sondern mitten unter die Wölfe. Auch gebietet er ihnen, nicht allein die Sanftmut von Lämmern zu besitzen, sondern auch die Einfalt der Tauben. Denn auf diese Weise, so sagt er gleichsam, werde ich am besten meine Macht zeigen, wenn Lämmer über Wölfe siegen, wenn sie mitten unter Wölfen sich befinden, ungezählte Wunden empfangen, aber nicht nur nicht zugrunde gehen, sondern sogar die anderen bekehren. Das verdient vielmehr Bewunderung und ist etwas viel Größeres, als andere umzubringen, dass nämlich die Feinde ihre Ansicht ändern und ihre Gesinnung umwandeln, und das alles, obwohl die Apostel nur zu zwölf waren, und die Welt mit Wölfen ganz gefüllt war.

Schämen wir uns also, die wir das Gegenteil davon tun, die wir gleich Wölfen unsere Feinde anfallen. Solange wir Lämmer sind, siegen wir. Mögen auch unzählige Wölfe uns umgeben, wir siegen doch und gewinnen die Oberhand. Wenn wir dagegen selbst zu Wölfen werden, unterliegen wir; es fehlt uns dann eben die Hilfe des Hirten. Er weidet ja nicht Wölfe, sondern Schafe; deshalb verläßt er dich und zieht sich von dir zurück. Du machst es ihm ja unmöglich, seine Macht zu zeigen. Wenn du dich bei Unbilden sanftmütig zeigst, so wird der ganze Siegespreis ihm zugeschrieben; wenn du dich dagegen wehrst und dich verteidigst, so tust du dem Siege Eintrag.

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Johannes Chrysostomus, Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus, 23. Homilie, in: Des heiligen Kirchenlehrers Johannes Chrysostomus ausgewählte Schriften, Bd. 1, BKV, 1. Reihe, Bd. 23, Kempten-München: Kösel, 1915, S. 474.

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