Warum die Bezeichnung abrahamitisch oder auch abrahamisch für die Religionen Judentum, Christentum, Islam? Diese Bezeichnung ist keineswegs unumstritten. Doch sie ist hilfreich. Es geht dabei nicht um „Reduzierung der drei Religionen auf so etwas wie den kleinsten gemeinsamen Nenner“, wie gerne unterstellt wird. Es geht um Betonung von Verwandtschaft: Judentum, Christentum, Islam haben einen gemeinsamen Vorfahren.
Alle drei Religionen kennen (und schätzen!) Geschichten über eine Figur aus biblischen Zeiten, nämlich Abraham. Alle drei Religionen verstehen sich explizit als Nachfahren dieser Geschichten; die Juden als Nachfahren Isaaks, des einen Sohnes Abrahams und die Muslime als Nachfahren Ismaels, seines Halbbruders. Die Christen verstehen sich als geistige Söhne: „Ihr aber, Geschwister, seid Isaak entsprechend Kinder der Verheißung“, so der Apostel Paulus im Galaterbrief (Gal 4,28). Und der Kirchenvater Justin formulierte knapp: „Er rief dem Abraham zu, er solle aus dem Lande ausziehen, in dem er wohnte. Mit diesem Ruf hat er uns alle berufen.“[1]
Aller Streit zwischen diesen drei Religionen ist also immer ein Familienstreit. Diese können sehr heftig sein, aber in allem Streit ist da auch etwas bleibend Gemeinsames, Verbindendes: „Wir Christen und Muslime sind Geschwister. Wir müssen uns also als solche betrachten und uns als solche verhalten“ so Papst Franziskus.[2] „Wir, die Söhne und Töchter Abrahams, die dem Judentum, dem Christentum und dem Islam angehören, danken dir (…), dass du uns Abraham (…) als gemeinsamen Vater im Glauben geschenkt hast.“ [3]
[1] Justin, Dialog mit dem Juden Tryphon CXIX 5.6.
[2] Apostolische Reise nach Kenia, Uganda und in die Zentralafrikanische Republik, Ansprache in der Moschee von Koudoukou, Bangui, 30. November 2015.
[3 Papst Franziskus, GEBET DER KINDER ABRAHAMS 6. März 2021
TEXTE
Liebe Freunde, Brüder in Abraham, Gläubige an den einzigen Gott: die sozialen und internationalen, die wirtschaftlichen und persönlichen Übel sowie die dramatische Umweltkrise, die diese Zeit kennzeichnet (…) kommen letztlich von unserer Entfremdung von Gott und dem Nächsten her. Wir haben also eine einzigartige, unbedingt erforderliche Aufgabe, nämlich die, zu helfen, dass diese vergessenen Quellen des Lebens wieder entdeckt werden, dass die Menschheit wieder aus dieser alten Weisheit schöpft, dass sich die Gläubigen wieder der Anbetung des Gottes des Himmels sowie den Menschen nähern, für die er die Erde geschaffen hat. Und auf welche Weise? Unsere Mittel sind im Wesentlichen zwei: das Gebet und die Geschwisterlichkeit. Dies sind unsere Waffen, bescheiden und wirksam. Wir dürfen uns nicht von anderen Mitteln verleiten lassen, von Abkürzungen, die des Allerhöchsten unwürdig sind, dessen Friedensname von denen beleidigt wird, die an die Argumente der Stärke glauben, die die Gewalt, den Krieg und das Waffengeschäft fördern, den „Handel mit dem Tod“, der durch immer größere Geldsummen unser gemeinsames Haus in ein einziges Waffenlager verwandelt.
Papst Franziskus BEGEGNUNG MIT DEN MITGLIEDERN DES MUSLIMISCHEN ÄLTESTENRATS, 4.11.2022
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FREUNDE ABRAHAMS
Die Gesellschaft FREUNDE ABRAHAMS e. V. möchte die interreligiöse Verständigung, insbesondere zwischen Judentum, Christentum und Islam, auf wissenschaftlicher Grundlage fördern. Unübersehbar für jeden, sind Wege zu gegenseitigem Verständnis, zu Achtung voreinander für Juden, Christen und Muslime, heute von dringlicher Brisanz. Eine wissenschaftlich fundierte Beschäftigung mit der Religionsgeschichte kann solche Wege aufzeigen. Deshalb hat sich die Gesellschaft FREUNDE ABRAHAMS e. V. zum Ziel gesetzt, die Erkenntnisse akademischer Forschungsarbeit über den universitären Rahmen hinaus zu tragen und einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln.