„Unterdessen waren Barbaren in Gallien eingebrochen. Kaiser Julian zog bei der Stadt der Vangionen ein Heer zusammen und begann damit, Geldgeschenke unter die Soldaten zu verteilen. Dabei wurde nach der Gewohnheit jeder Soldat einzeln vorgerufen. So kam die Reihe auch an Martinus. Jetzt hielt dieser den Zeitpunkt für günstig, seine Entlassung zu erbitten. (…) Deshalb sprach er zum Kaiser: „Bis heute habe ich dir gedient; gestatte nun, daß ich jetzt Gott diene. Dein Geschenk mag in Empfang nehmen, wer in die Schlacht ziehen will. Ich bin ein Soldat Christi, es ist mir nicht erlaubt, zu kämpfen“. Wutschnaubend ob dieser Rede, gab der Tyrann zur Antwort, er wolle sich nur aus Angst vor der Schlacht, die für den andern Tag zu erwarten war, nicht um seines Glaubens willen dem Kriegsdienst entziehen. Doch Martinus blieb unerschrocken, ja der Versuch, ihn einzuschüchtern, machte ihn nur noch fester. So sprach er: „Will man meinen Entschluß der Feigheit und nicht der Glaubenstreue zuschreiben, dann bin ich bereit, mich morgen ohne Waffen vor die Schlachtreihe zu stellen und im Namen des Herrn Jesus mit dem Zeichen des Kreuzes, ohne Schild und Helm, furchtlos die feindlichen Reihen zu durchbrechen“. Man ließ ihn also in Gewahrsam halten, damit er sein Wort wahr mache und sich waffenlos den Barbaren entgegenstelle. Am nächsten Tage schickten die Feinde Gesandte zu Friedensverhandlungen und ergaben sich mit Hab und Gut. Zweifellos war dieser Sieg dem heiligen Mann zu verdanken. Die Gnade verhütete, daß er sich wehrlos zum Kampfe stellen mußte. Gott hätte in seiner Güte seinen Streiter freilich auch inmitten der feindlichen Schwerter und Geschosse unversehrt erhalten können. Aber um das Auge des Heiligen auch nicht durch den Tod anderer zu verletzen, ließ Gott es nicht zum Kampfe kommen. Wenn die Feinde sich ohne Blutvergießen unterwarfen und so kein Menschenleben verloren ging, so hatte Christus es nicht notwendig, für seinen Streiter einen anderen Sieg zu wirken.“
Sulpicius Severus (363-429) Vita sancti Martini Leben des heiligen Bekennerbischofs Martinus von Tours (BKV)
Martin von Tour (St. Martin)
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