Jüdische Friedenstheologie

Der blutige Kampf des Staates Israel um Land und Existenz hat dazu geführt, dass die
gewaltfreien, friedenstheologischen Traditionen sowohl des Judentums als auch des Zionismus fast vergessen sind.

„Die gesamte religiöse Literatur des Judentums predigt es: Die gekränkt werden und nicht kränken, die ihre Beschimpfung hören und nicht erwidern, die aus Liebe handeln und freudig die Prüfungen ertragen, sie sind es, von denen die Schrift sagt: ´Die den Ewigen lieben, sind, wie die Sonne aufgeht in ihrer Kraft.´ (…) In der Feindesliebe offenbaren sich die Lauterkeit und die Aufrichtigkeit der Empfindung am überzeugendsten. Sie ist die große Probe der Echtheit, auf die bei der Liebe ja alles ankommt.“

(Leo Baeck)

Doch diese Traditionen leben wieder auf, auch im Staat Israel, sichtbar in der Bewegung der „Rabbis for Human Rights“ und in der wachsenden Zahl der Dienstverweigerer in der israelischen Armee.
Eine christliche Friedenstheologie ist nicht zu entwerfen, ohne Kenntnis dieser jüdischen Stimmen und Traditionen, eine Lösung des Nahostkonflikts nicht zu erhoffen, ohne dass diese Stimmen stärker Gehör finden.

»Unsere Meister lehrten: Man versorge die Armen aus den Völkern mitsamt den Armen Israels, und man besuche die Kranken derer aus den Völkern mitsamt den Kranken Israels, und man begrabe die Toten derer aus den Völkern mitsamt den Toten Israels, des Friedens wegen.«

(Talmud, Gittin 61 a)

»Es kam nämlich einer vor Rawa und sagte zu ihm: „Der Befehlshaber meines
Wohnortes hat zu mir gesagt: Geh und töte den Soundso! Wenn aber nicht, so töte ich dich. Rawa sagte zu ihm: Sie mögen dich töten, du aber töte nicht! Wie kommst du zu der Ansicht, daß dein Blut röter sei? Vielleicht ist jenes Mannes Blut röter.«

(Talmud, Pesachim 25b)

Die Jewish Voice for Peace / USA bei einem Go In im Kapitol, Oktober 2023